Man sieht nur gut mit dem Herzen
Man sieht nur gut mit dem Herzen

  Rheinische Post vom 13.April 1985 Der Niederrheiner Gustav Schubotz als Künstler in Frankreich
 

Alpen - Auswandern, andere Länder und Sitten kennenlernen, dem Geburtsland den Rücken kehren, um vielleicht irgendwo ein besseres Leben führen können. Für viele ist dies ein Wunschtraum, nur wenige können ihn auch realisieren. Manch einen treibt eine scheinbare Ausweglosigkeit in ein fremdes Land, und nur allzuoft muss er nach kurzer Zeit feststellen, dass es auch dort nicht besser ist als daheim. Nur wenige gibt es dagegen, die mit einem festen Ziel ein anderes Land anvisieren, in dem sie sich eine Existenz aufbauen und das sie dann als ihre neue Heimat ansehen.

Einer dieser Menschen ist Gustav Schubotz. 1952 in Afrika geboren, zog er mit seinen Eltern und den drei Brüdern acht Jahre später um in die Bundesrepublik Deutschland, genauer gesagt an den Niederrhein. Rheinberg war fünf Jahre lang Wohnsitz der Familie, bevor sie im Jahre 1965 sich in Alpen niederliess. Gustav Schubotz absolvierte 1972 am Rheinberger Amplonius-Gymnasium sein Abitur und hatte sich schon sehr früh in Richtung Zeichnen, Kunst und Literatur orientiert.

Nach seinem Abitur begann Gustav Schubotz an der Düsseldorfer Kunst-Akademie mit dem Studium der Kunst und Kunstgeschichte, parallel dazu lief ein Französich-Studium. Während seiner Studentenzeit absolvierte er einige Semester an der Universität in St.Etienne und erkor 1977 Frankreich zum Land, in dem er einmal arbeiten wollte.

Doch bevor sich Gustav Schubotz in der Nähe von St. Etienne niederließ, nutzte er die Zeit nach abgeschlossenem Studium mit Reisen durch die Türkei, Nordafrika und Spanien, um sich dort Anregungen für seinen späteren Beruf als Bildhauer zu holen.

In Frankreich hat sich Gustav Schubotz inzwischen bereits einen Namen als Bildhauer gemacht, und seine Ausstellungen in den verschiedensten Galerien und Sälen zeugten stets von außergewöhnlichem Können. Seine Talente sind für die Franzosen unbestritten, die sich bei einem Besuch seiner Ausstellungen nicht mit dem bloßen Beschauen der Werke begnügen müssen. "Bitte nicht anfassen" kommt bei Gustav Schubotz nicht in Frage: Seine Plastiken, Skulpturen und Stein-Köpfe sind zum Berühren da. "0n peut toucher" (Anfassen erlaubt) steht immer auf Plakaten bei seinen Ausstellungen.

Nach einigem Zögern, so Gustav Schubotz, sind die Besucher in der Lage, seine Werke zu berühren und nur so können sie seiner Ansicht nachvollziehen, welche Arbeit in den Skulpturen stecke. "On ne vult bien qu avec le coeur", was bedeutet: ",man sieht nur gut mit dem Herzen" - Gustav Schubotz hält es mit Worten des Schriftstellers Antoine de Saint-Exupery, der das Wesentliche der Kunst nicht mit den Augen erfassbar ansieht.


Seinen Schülern dies zu vermitteln, ist für den Bildhauer Gustav Schubotz nicht einfach. Denn er selber arbeitet wie ein Architekt: zuerst entwirft er Pläne in verschiedenen Dimensionen, dann entwickelt er sein Werk in der Grobform aus Lehm und Ton. „Ich überlasse nichts dem Zufall, arbeite sehr langsam von außen nach innen", erklärt der Bildhauer seine Arbeitsweise. Doch trotz dieses Vorgehens bleibt unbestritten, dass Gustav Schubotz mit seinem Herzen arbeitet -- seine Hände haben dabei eigentlich nur die Funktion, seinem Herzen zu folgen und die Vorstellung zu realisieren.

Die Familie des Bildhauers verfolgt natürlich mit Stolz all das, was ihr Sohn macht. Und die Post, die den Eheleuten Schubotz aus Alpen des öfteren ins Haus kommt, weist so einige fremde Stempel auf, die des Briefträgers Interesse hervorrufen. Denn nicht nur Gustav Schubotz hat sich im Ausland niedergelassen und schreibt ab und an Neuigkeiten aus Frankreich an seine Eltern.

Auch die anderen drei Söhne der Familie haben einen nicht gerade alltäglichen Berufsweg eingeschlagen: einer ist Seeoffizier und daher in vielen Ländern zu Hause, ein anderer Sohn arbeitet in des Vereinigten Staaten als Diplom-Ingenieur bei einer Forschungsgruppe. Und Sohn "Nummer vier" hat sich in Freilassing selbständig gemacht und auf Computertechnik spezialisiert. Gustav Schubotz senior war übrigens 20 Jahre bei der Rheinberger Stadtverwaltung beschäftigt und hat sich vor kurzem in den wohlverdienten Ruhestand zurückgezogen. heine